25 Jahre Künstlerhaus Bergedorf

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Rede zum 25-jährigen Jubiläum des Künstlerhauses

Ulla Lohmann, 17. August 2019

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Künstler,

„Mut machen zum Wandel - 10 Jahre Künstlerhaus Bergedorf – Ein ganz persönlicher Glückwunsch“, so sagte es Heinz Lohmann zum damaligen Jubiläum. Das war im. April 2004. 1994 wurde das Haus eröffnet. 25 Jahre kreatives, künstlerisches Schaffen der unterschiedlichsten Persönlichkeiten liegen zwischen diesem Datum und heute. Aber vor der Übergabe der Ateliers und der Eröffnungsfeier lag im wahrsten Sinn des Wortes ein steiniger Weg. Denn das alte Gemäuer hatte Geschichte. Ende des 19. Jahrhunderts pilgerten die Hamburger gerne am Sonntag in die Sommerfrische an die Oberelbe und an die Bille. Das Gasthaus und Hotel „Billethal“ waren damals ein beleibtes Erholungs-Ziel. Der 2. Weltkrieg machte diesem bunten treiben aber ein Ende. In dem Gebäudekomplex wurde eine Maschinenfabrik eingerichtet. Später, in den 1950er Jahren produzierte und lagerte man dort alkoholische Getränke. 1991 schließlich erwarb der Bergedorfer Unternehmer Hans-Otto Gürtler das verwahrloste und ruinöse Areal der Likörfabrik und kam mit der Kulturbehörde überein, das Gebäude für die Kunst, speziell für Wohnateliers umzubauen.

Das ging allerdings bei weitem nicht nach dem Muster gesagt-getan. Wenn es damals nicht den gerade pensionierten Oberschulrat Klaus Ecker gegeben hätte, wäre das Projekt sicher gescheitert. Er war voller Tatendrang und überzeugt, in Hamburg bezahlbaren und z. T. auch bewohnbaren Atelierraum für Künstler zu schaffen. Mit seinem Konzept und dem Verein „Ate-liers für die Kunst“ hat er seitdem die Arbeitssituation für die bildenden Künstler enorm ver-bessern können – das war ein wirklicher Durchbruch. Um seiner Idee zum Erfolg zu verhel-fen hat er sich vielerorts in der Stadt Bündnispartner gesucht. So auch in der Hamburgischen Bürgerschaft. Ja, und dort traf er mich, Mitglied im Kulturausschuss, seit vielen Jahren schon für Kunst und Kultur unterwegs. Schnell waren wir uns einig und haben, jeder in seiner Position für die Sache gefochten. Noch gut erinnere ich mich an eine gemeinsame Besichtigung vor Ort. Der Zustand der Ruine hat unsere Euphorie zunächst doch ein wenig gedämpft. Aber wir waren überzeugt, es muss unbedingt in Sachen Ateliers etwas geschehen, also weiter machen. Und so ging es um Frage, ob das Haus überhaupt für einen Umbau geeignet sei, um die Frage der Finanzierung, die Bereitstellung von Sponsorengeldern und Haushaltsmitteln aus dem Etat der Stadt und schließlich um die Frage, ob in den Ateliers überhaupt gewohnt oder nur gearbeitet werden darf. Diese und viele andere Hürden haben wir am Ende genommen und das Haus konnte eröffnet werden.

Die zweite Hälfte der 90er, bis in die 2010er Jahre hinein haben Heinz Lohmann und ich als eine sehr anregende Zeit hier im Künstlerhaus erlebt. Es gab innovative Ausstellungen mit Crossover-Projekten, sehenswerte Einblicke im Rahmen der offenen Ateliers, Beteiligungen bei der Triennale der Photographie, Kooperationen mit anderen Künstlern und Kulturinstitutionen. Für uns selbst war in dieser Zeit das Haus ein besonderer kultureller Platz. Viele Werke der Künstler haben Eingang in unsere nun schon 50jährige Sammlungstradition gefunden. Und es war eine Beziehung auf Gegenseitigkeit. Im Januar 2001 haben uns die Künstler die Möglichkeit gegeben Teile unserer Sammlung hier auszustellen. Unter dem Titel, „Morgen ist heute - oder: Warum wir Kunst sammeln“, der auch für den Geist des Hauses stehen kann, haben wir wichtige Exponate gezeigt. In der damaligen Presseinformation hieß es: „Eines steht fest, ohne Kunst können wir uns unser Leben kaum noch denken. …. Zur Kunst gehören für uns untrennbar auch die Künstler. Beide nehmen wir als eine Einheit wahr und suchen immer wieder den Kontakt. … Ein Abend im Atelier fordert heraus, schafft Abstand zum Alltagsgeschehen durch Irritation. Denn wer zu nah an die eigenen Probleme gerät, verliert die Realität aus den Augen. Distanz ermöglicht Weitblick und eröffnet Chancen, Perspektive zu gewinnen.“

An diesen grundsätzlichen Erfahrungen hat sich bis heute eigentlich nichts verändert. Allerding ist die Gesellschaft um uns herum in den letzten Jahren eine wesentlich andere geworden. Gerade heute fand ich einen Artikel des Kunsthistorikers Klaus Honnef, der sich Jahrzehnte in der Kunst engagiert hat und nun auf sein Leben zurückblickt. Er schreibt: „Freiheiten werden in zunehmendem Maß eingeschränkt, nicht durch den Gesetzgeber, sondern durch eine selbsternannte Gesinnungspolizei mit wachsendem Einfluss. Denken und Sprechen gängelt eine tyrannische Sprachregelung … in der institutionellen Kunstszene herrscht ein Konformismus wie in den 50er Jahren, das Gutgemeint liefert den Maßstab für ein künstlerisches Urteil, Verbote erfreuen sich wieder großer Beliebtheit, damit soll die Welt gerettet werden.“

Kunst wird vielleicht nicht die Welt retten. Aber die Innovationskraft die sie ausstrahlt und die Offenheit und Toleranz die sie einfordert sind wichtige Elemente einer freien und humanistischen Gesellschaft. Demokratie und Freiheit sind sensible Zustände. Sie müssen immer wieder neu erarbeitet und gepflegt werden. Dazu kann die Kunst sicherlich beitragen. Eine andere Künstlergeneration ist jetzt in diesem Haus tätig. Und die heutige Jubiläumsausstellung zeigt, dass wir uns hier auf unsere Künstler verlassen können. Denn kritisch, unvoreingenommen und kreativ stellen sich die Werke dar, eine Herausforderung für den Betrachter, anregend und außergewöhnlich. Sie lassen uns nicht auf den ausgetretenen Wegen ausruhen.

Heinz Lohmann hat es in seiner Laudatio zum 10Jährigen Jubiläum so formuliert: „Die Spiritualität des Künstlerhauses Hamburg-Bergedorf, ist gerade jetzt in einer entfesselten materialistischen Gesellschaft so bedeutsam. Wir benötigen die Inspiration aus der Kreativität von Kunst. … Dieses Haus ist eine unverzichtbare Adresse für wachsame Geister. Die Künstlerinnen und Künstler machen uns mit ihrem Engagement Mut zur Veränderung. Sie stehen persönlich und mit ihren Kunstwerken exemplarisch für Internationalität und Intermedialität. … Alle hier kommen zwar aus der Kunsttradition der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, aber sie sind auf dem Weg in die Zukunft. Wir haben die Chance, mit Ihnen zu gehen. Sie laden uns dazu ein. Ich freue mich, dabei sein zu dürfen. Kommen auch Sie mit, heute und in weiteren - so hoffen wir alle - vielen Jahren.“ Der Gedanke von damals hat nun schon über 15 Jahre reiche Früchte getragen. Ihm kann und werde ich mich bedenkenlos anschließen und dem Künstlerhaus und den Künstlern auch weiter eine lange und erfolgreiche kreative Zeit wünschen. Und schließlich gebührt Farideh Jamshidi mein Dank heute hier die Laudatio sprechen zu dürfen. Ich wünsche allen ein schönes Fest.

© Ulla Lohmann, LOHMANNdialog, www.lohmanndialog.de

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